Wir danken den Schülereltern... Wir danken Ihnen auch für das geistige Mittun und die materielle Unterstützung unseres Schullandheimes, um das sich nach wie vor Dr. Rauch unermüdlich sorgt. Das Schullandheim war auch in diesem Schuljahr fast stets belegt. Infolge der erhöhten Lebensmittelkosten und des höheren Gehalts für die Wirtschafterin musste die Mitgliederversammlung des Landheimvereins als Träger des Landheims den Verpflegesatz zu Beginndes Kalenderjahres 1962 auf 4.50 DM festsetzen. Die Schulleitung und der Landheimvereinsvorstand haben den Umbau des Speichers in seiner südlichen Hälfte zu einem Schlafsaal durchgeführt. Nunmehr ist es möglich, die bisherige Bestückung der Schlafsäle mit Doppelbetten aufzugeben. Der so erziehlte Raumgewinn gibt der Schulleitung die Möglichkeit, zwei Klassen gleichzeitig ins Landheim zu schicken. Außerdem wirkt diese Raumauflockerung hygienischer, da der Luftraum pro Schüler in den Schlafsälen so verdoppelt wird.
Die zu diesem Ausbau benötigten Mittel entstammen der Elternspende und dem Vereinsvermögen, nicht zuletzt aber dem beträchtlichen Zuschuss des Bayrischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus, dem wir dafür zu besonderem Danke verpflichtet sind.
Die stärkste Zusammenarbeit zwischen Elternhaus und Schule geschiet im Elternbeirat. Aus dem herzlichen verdienten Dank an alle Mitglieder möchte ich 3 Namen stelvertretend hervorheben, rühmend wegen ihrer Opferbereitsschaft, beglückwünschend, weil ihre Söhne die Reifeprüfung geschafft haben,trauernd, weil schwer zu schließende Lücken aufgerissen werden.
Verwaltungsrat Josef Hölzl gehörte dem Elternbeirat seit 1952 an, die ganze Zeit hindurch als Vorsitzender. Als Mitglied des Landeselternbeirats nahm er lebhaft und aktiv an den großen schulpolitischen und pädagogischen Fragen Anteil: das neue Aufnahmeverfahren und die Neugestaltung der Oberstufe seien exemplarisch genannt. Seinem diplomatischen Takt und seiner Energie dankt die Schule zum großen Teil die Wiedererrichtung der Turnhallen und die Aufsetzung des 4.Stockwerks. Die Errichtung des Sondertraktes, die Gewinnung eines Sportplatzes hat er maßgeblich nach vorn getrieben, so dass der Verwirklichung der Pläne keine Schwierigkeiten mehr entgegenstehen dürften. Um die Möglichkeiten zur Wiederinstandsetzung des Landheims hat er sich gleichfalls sehr verdient gemacht.
Über den sichtbaren Gewinn seien aber nicht die stillen Erfolge vergessen: Wenn einleitend davon gesprochen wurde, dass an unserer Schule die notwendige vertrauensvolle Atmosphäre der Zusammenarbeit vorhanden ist, so hat Herr Hölzl viel dazu beigetragen. Er hat die Grenzen berechtigter Kritik, die Notwendigkeit schulischer Autorität ebenso erkannt, wie ihn das fehlende Interesse mancher Eltern an erzieherischen Fragen bitter berührte. Er und seine Mitarbeiter wussten, dass Elternbeirat und Schulleitung zusammenstehen müssen, sie wussten es nicht nur, sie handelten auch danach.
Ein Jahr später als Herr Hölzl trat Herr Wagner in den Elternbeirat ein. Seine bedeutsame Stellung im Elternbeirat verschaffte er sich durch seine verantwortungsbewusste einstellung zur Erziehung, sein unbestechliches Urteil, seinen sparsamen Sinn, lauter eigenschaften, die er in weiser Lebenserfahrung gegen eine schrankenlose Verwöhnung, gegen ein allzu großzügiges Gehenlassen eindeutig einsetzte. Aber gerade er wusste auch zu raten und zu helfen, wo es der Jugend einen Dienst zu erweisen gab, und sein gesunder Humor fühlte stets mit der Jugend, deren Anliegen er so oft vertrat. Der Direktor weiß sich ihm, der auch eine schöne Verbindung zur Studiengenossenschaft darstellte, zu tiefem Danke verpflichtet.
Die jüngste der drei scheidenden Elternbeiratsmitglieder ist Frau Gertrude Lix; sie steht mit ihrem fraulichen Rat, mit ihrer jugendnahen Lebensfreude seit 1954 der Schule zur Seite. Sie hat immer genau das gewusst und geraten, woran es in einer Schule nicht fehlen darf: wie man Freude hineinträgt. In ihrem großen Vertrauen zur Jugend war sie dem Direktor ein Vorbild: sich nicht von einer Verdriesslichkeit den optimistischen Glauben an die Jugend rauben zu lassen. Wo immer sie sprach, sprach das Herz. Und meist war es stärker als der kühle Verstand männlicher Berater, selbst wenn es um Bau- und Finanzierungsangelegenheiten ging.
Ein Elternbeirat mit solchen Mitgliedern weiß für das richtige Niveau zu sorgen, weiß, dass zur Schule Unterricht und Lernen, zur Jugend aber auch Freude, Sport, Theater, Tanz gehört. Gerade im letzten Jahr spielten wir viel Theater: der Kreisjugendring, besonders Frau Riedl und die Kasse des Residenztheaters, nicht zuletzt aber Herr Fuchs, der die Organisation leitete, seien herzlichst gedankt, und natürlich auch Sie, verehrte Eltern, für die offene Hand.
Am 25. Mai 1929 wurde zum erstenmal in einer allgemeinen Elternversammlung die Landheimfrage aufgeworfen, die freilich im kleineren Kreise schon jahrelang bersprochen worden war. Von diesem Tage an setzt nun ein reges Umschauen nach freien und geeigneten ländlichen Anwesen ein. Häser in der Jachenau, in Furth (bei Deisenhofen), Kirchseeon, Hornstein, Sachsenkamm, Egling wurden angeboten, besichtigt und mit Ausnahme von Egling abgelehnt. Egling reizte sehr, man wurde handelseins, doch die Besitzerin erschien nicht zur Verbriefung. Mittlerweile war 1930 der Landheimverein mit Oberamtmann Wagemann an der Spitze gegründet wurde; er erwarb am 28.09.1931 gegen 8000 DM unser Landheim.
Es war früher ein Jagdschloss im Besitze einner Freifrau von Temple gewesen; 1878 war es in bürgerliche Hände gelangt, die ein Gasthaus mit landwirtschaftlichem Betrieb eröffneten. Nun änderte es noch einmal seine Bestimmung: Der Stall wurde Wasch- und Schrankraum, im Tanzsaal wurden Betten aufgestellt, ein Tagesraum eingerichtet und alles in einem solchen Tempo, dass am 7.07.1932 die Einweihung stattfinden konnte. Dass mit wenig Geld in so kurzer Zeit so große Arbeit geleistet werden konnte, ist vor allem das Verdienst des „Getreuen Eckarts“ des Landheims, des Dr. Wührer. Das vervielfältigte Rundschreiben zur Einweihungsfeier ist nicht nur interessant für die Geschichte unseres Landheims, sondern auch ein Zeitdokument.
RUPPRECHT-OBERREALSCHULE MÜNCHEN
Einweihung des Landheimes in Holzhausen am 7.07.1932
Extrazug vom Holzkirchner Bahnhof nach Deisenhofen. Abfahrt etwa 7.15 Uhr. Die Schüler erhalten vorher vom Führer ihre Fahrkarten zu 80 Pfg., gehen damit zum Zug und steigen in den für ihre Klassen bestimmten Wagen ein. Ankunft in Deisenhofen etwa 8 Uhr. Gemeinsamer Marsch durch das Gleißental bis Holzhausen, etwa 2 1/2 Stunden. Aufstellung vor dem Dorfe in folgender Reihenfolge:
- Trommler
- Kl. III-IV
- Kl. Ia-b (Lied: „Ich hab mir ergeben“)
- Kl. V-VI
- Kl, IIa, b, c, d (Lied: „Nun frisch marschieren...“)
- Kl. VII-VIII-IX
5 Minuten vor 11 Uhr setzt sich der Zug in das Dorf in Bewegung (Viererreihen). Aufstellung im großen Halbkreis um das Haus an den bezeichneten Plätzen. In der Mitte der Front bleibt Platz für die Ehrengäste frei. Musiker und Sänger begeben sich auf die Terrasse vor dem Haus. Bald nach 11 Uhr beginnt die Einweihungsfeier.
Programm der Einweihungsfeier
- Lied: „Ich habe Lust“
- Ansprache des Direktors
- „Echo“, Andate für 4 Violinen und 2 Celli von J. Haydn
- Weihe des Hauses: Leise Musik für Streichquartett von Schubert
- Übergabe des Hauses durch den 1. Vorsitzenden des Landheimvereins
- Hissung der Flagge (Trommler - Deutschlandlied)
- Vorbeimarsch
- Freiübungen
Nach Hissung der Flagge und nach dem Verklingen des Deutschlandliedes gehen die Schüler vom Nordflügel aus (9. Klassen voran) zurück in die Dorfstraße bis zum Dorfausgang und stellen sich wieder in der ursprünglichen Ordnung in Viererreihen auf. Es folgt nun wieder in der ursprünglichen Reihe, Trommler und 3. Klassen voran, ein Vorübermarsch vor dem Hause und eine Aufstellung rund um den Spielplatz. Jede Klasse kommt an die bezeichnete Stelle. Vorführung der Freiübungen. Damit ist die Feier geschlossen.
Das Haus soll an diesem Tage von den Schülern nicht betreten werden, da es für einen Massenbesuch nicht groß genug ist. Die einzelnen Klassen sollen sofort nach der Feier mit ihrem Führer wieder abmarschieren und in dem umliegenden Wäldern lagern. Da in der nächsten Umgebung kein Wasser vorhanden ist, sollen die Schüler sich danach einrichten. Auch in Holzhausen kann Wasser nicht gefasst werden. Orte mit Wasser: Eulenschwang, Endlhausen, Altkirchen, Ober-Biberg und Kreuzpullach.
Rückfahrt von Deisenhofen nach München um 17.03 Uhr. Nicht verspäten! Rückweg nach Deisenhofen auf verschiedenen Wegen: über Großdingharting oder durch das Gleißental oder über Ebertshausen oder über Gerblingshausen oder über Altkirchen.
An der Eröffnungsfeier nahmen Gemeinderat und Pfarrer, Feuerwehr und andere Vereine von Großdingharting und Umgebung, die Studiengenossenschaft und Vertreter benachbarter Landheime teil. Warum wohl das Kultusministerium fehlte? Studienprofessor Rudolf Brandl nahm die Weihe vor.
Bald kamen unsere ersten Ferienschüler, bald waren gern gesehene Gäste da: die Luitpold-Oberrealschule, die Geographische Gesellschaft, Lehrer aus Jugoslavien, Erzieher von nah und fern, die vom Landheimgedanken begeistert waren.
Wer ein Schillandheim hat, hat Sorgen. Die geldlichen Sorgen verließen uns keinen Augenblick: Sammlungen und Wohltätigkeitskonzerte, Ansichtskarten und Theateraufführungen, nicht zuletzt auch staatliche Unterstützung stopften die Löcher, wenn das Kleid zu zerreißen drohte. Das meiste aber gaben die Eltern.
Die Schüler merkten nichts davon: Sie brannten auf der Ludwigshöhe 1933 ein Sonnwendfeuer ab, begrüßten den Vorsitzenden des deutschen Landheimbundes Dr. Nikolay und unseren heutigen Ministerialbeauftragten Muthmann, der als Heimat kühn „München-Schwabing“ eintrug. Und immer wieder Feriengesellschaften und immer wieder als Helfer Dr. Wührer. Doch lassen wit das Landheimbuch sprechen! (Leider können wir nicht seine Bilder zeigen, obwohl gerade aus ihnen die echten Reize strahlen.)
„Die erste bayerische Mahlzeit in ihrer richtigen Gröszlig;e erhielten wir hier am 27.08.1933 nach unserer sechswöchigen Reise zu Rad durch fremde Länder.
22.05.1934: Schön ist dieses Landheim. Wir freuen uns, unseren Sohn Maxi hier zu wissen. Braver ist er leider auch hier nicht geworden.
Das Schullandheim Holzhausen wurde im Schuljahr 59/60 von 35 Klassen besucht, deren durchschnittliche Aufenthaltsdauer 3-5 Tage betrug. Das Heim war auch in den Ferien zeitweise von Schülern belegt, die unter Führung zweier Lehrer dort einen Teil ihrer Sommerferien verbrachten. H. Krick und H. Eberhart gebührt hierfür herzlicher Dank. Als Gäste konnte die Landheimverwaltung einige katholische Jugendgruppen begrüßen. Über den Besuch einer englischen Schülerinnengruppe aus Slough berichtet eine Schülerin in ihrer Schülerzeitung (Auszug):
„This summer of us in the Sixth Form were lucky enough to be invited to spend a holiday in Munich. We arrived at last in Munich Hauptbahnhof where we were greeted by Herr Dippe, a member of the staff of the school which had invited us. Ajter taking our luggage to the school we went to a „Gasthaus“ for our first Bavarian (and very welcome) hot meal. The first course was served on a plate with division, rather like anentree dish, and consisted of meat in the large centre division, with potato and the inevitable mixed salad in the other divisions. There was much amusement when we tried to order the meal in our somewhat broken German.After the meal we were taken by coach to the „Schullandheim“ where we were to stay. It turned out to be a converted farmhouse in a small village called „Holzhausen“, which lay right in the heart of the Bavarian countryside, and which was surrounded by fields of corn and thick pine forests, in which wold deer wandered freely. The village consisted of a few farmhouses either side of a rough track, the small Roman Catholic church with its onion-shaoed tower, the onn where we had some of our meals and which was the meeting place of the villagers, and the one and only shop, where anything and everything could be bought. The houses were very gay with their white-washed walls, their frescoes, balconies and window boxes, bulging with brightly coloured flowers. The innkeeper's wife was very sweet and rather plump, and was at first rather overhelmed by her Enghlish guests, but gradually she forgot her shyness, and even gave us all a postcard of the village, after our last meal there. Near Holzhausen was a lake and some of the happiest hours of the holiday were spent in swimming and boating and sun-bathing. The holiday passed very quickly and soon it was time to leave. As we left Holzhausen in the coach for Munich the villagers came out wave us good-bye, and this showed us that had enjoyed having us among them as much as we loved being there. We were sad to leave Munich which had been so hospitable to us and we were all very grateful to Dr. Bohusch who made our visit possible and to other kind friends who helped us to enjoy it so much.“
Mit Hilfe eines Zuschusses des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus und der Elternspende ist es gelungen, den Forderungen der Schulleitung entsprechend, einen größeren Raum einzurichten, in dem die Schüler bei schlechtem Wetter ihrem Spieltrieb nachgehen können, ohne daß dabei Einrichtungsgegenstände gefährdet werden. Gleichzeitig wurde der Grundstock zu einer Schülerlesebücherei gelegt. Eine Reihe von Hilfsmitteln für den Unterricht in der Astronomie, der Landvermessung, der Wetterkunde, der Biologie und eine neue Schultafel wurden angeschafft. Die Einrichtung eines Trockenraumes mit Ölofen hat sich sehr bewährt. - Die vorhandenen Schülerspinde wurden um weitere 12 Kleiderkästen vermehrt, so dass jetzt jeder Schüler bei seinem Landheimaufenthalt über einen eigenen verschließbaren Kleiderspind verfügt.
Allen Förderern, Freunden und Gönnern sei herzlich Dank gesagt. Die Schulleitung dankt Herrn Chelius, dem Vorstand des Landheimvereins in den Jahren 1957-59, seinem Nachfolger Herrn Hölzl und Herrn Dr. Rauch, dem langjährigen und stets bereiten Geschäftsfürer.
a) Das Landheim eine Stätte der Begegung
Daß unsere Diskussion im Schullandheim ein Erfolg wurde, war das Zusammentreffen günstiger Umstände: 1. Dr. Pawlofsky hatte es fertig gebracht, fünf junge Araber, die als Austauschlehrer an unserer Schule tätig sind, freizubekommen. 2. Die Klasse 8d war an diesem Abend ausgesprochen diskussionsfreudig. 3. Dr. Pawlofsky verstand, die „zornigen jungen Männer“ in den Bahnen des jeweiligen Themas zu halten, aber auch lohnende Umwege in Kauf zu nehmen.
Eine Vielzahl von Problemen wurde aufgeworfen: Warum die Vereinigte Arabische Republik dem Staate Israel die Existenzberechtigung abspricht, während sie selbst eine nationale Politik betreibt? Warum wir Deutschen in Ägypten ein hohes Prestige hätten? Wie denken Sie über Hitler und das nationaldozialistische Regime? Über die an den Juden begangenen Verbrechen? Wie steht es bei Ihnen mit dem Kommunismus? Die Intervention von England und Frankreich in der Suezkrise haben in Ägypten viel böses Blut gemacht. Wie denkt man heute darüber?
b) Was man sonst tat?
(In jedem Tip steckt ein dramatischer Kern)
Biologische Waldspaziergänge, Wanderungen ins Gleisental, zur Isar, in die Pupplinger Au, nach Schäftlarn, eine Moorwenderung, Ausgrabungen besichtigen, Exkursionen zu den geologischen Orgeln; Lichtbilder zeigen (z. B. über Bienenversuche im Anschluß an den Besuch einer Großimkerei), Schallplatten spielen, Diskussionen (Schüler im Elternhaus, Schüler in der Berufswahl, Todesstrafe, philosophische religiöse und künstlerische Fragen, Kurzgeschichte, Antisemitismus, Smerikanismun, Tagesfragen), Rahmenthemen durcharbeiten (Wie rüsten sich Pflanzen und Tiere für den Winter, Der Herbst in der Dichtung, Erläuterung der astronomischen Instrumente); Konzentrationstage (Barock, Ostzone mit Gästen), Hobbies der Lehrer, Colloquium mit 3 Lehrern, seine Stimme auf Tonband sprechen und an ihr feilen; bunte Abende und Lagerzirkus; geistige und körperliche Wettkämpfe, Erste-Hilfe-Kurse, Kartoffelfeier und Fährten suchen, Geländespiel und Schneeballschlacht, Tischtennis und viel Fußball; das Haus reinigen, Holz in die Holzlege schaffen, einen Baum versetzen, Blumenkästen einwintern, Studierzeit (Latein) halten, sich ärgern, wel es 3 Tage hindurch regnet, weil die Heizung nicht ausreicht, weil man lieber Fleischsalat statt des Rollmopses möchte.
c) Zeitgeschichte - ein Bestseller?
Jede Klasse, die ins Landheim fuhr, erhielt dort zeitgeschichtlichen Unterricht, möglichst in einer dem „Freilicht“ angemessenen Form. Herr Krick hat die konkreten Fragen gestellt: Warum müssen unsere Schüler bis zur 6. Klasse warten, um über Zeitgeschichte informiert zu werden? Können wir es verantworten, daß die Schüler, die uns vor der 6. Klasse verlassen, ohne zeitgeschichtliche Kenntnisse weggehen? Wir haben also „Zeitgeschichte“ auf den Landheimplan der 2. - 6. Klassen gesetzt. Das kann nicht in einer systematischen, das muß in einer dramatischen Form geschehen. Systematik bedeutet für diese Altersstufe ein Versinken in Begriffen wie Staatsform, Demokratie, Diktetur, Rechtsparteien. Die Klärung dieser Begriffe und anderer ebenso wichtiger (NSDAP, Gestapo, SS, totalitärer Staat) geschah daher allmählich. Dramatisch mußte die Darbietung sein, weil
- viele Schüler meinten, über die Juden usw. bis zum überdruß informiert zu sein,
- manche Schüler argumentierten: „Warum sollen wir Deutsche dauernd unser Nest beschmutzen. Auch andere Völker haben ihre dunklen Punkte“,
- der zeitgeschichtliche Unterricht - aufregen muß. Aus den Berichten wurde die Buntheit der Methoden sichtbar, z. B.:
- Man konnte einen geschichtlichen Längsschnitt geben.
- Man konnte Langspielplatten interpretieren oder als „Beleg“ nachher bringen.
- Man konnte ein besonderes Problem herausgreifen, z. B. Judenverfolgung und Judenausrottung im Dritten Reich.
- Man konnte „Mein Kampf“ zugrunde legen und von hier zur Verzerrung des Menschenbildes vorstoßen.
Entscheidend war, nicht nur die Unwissenheit, sondern die menschliche Teilnahmslosigkeit zu überwinden. Das gelang, wenn
- die Schüler das unheimliche Wort „Gleichschaltung“ begriffen und ihre Informationen über die Methoden der NSDAP und der SED preisgaben;
- sie eine „Saalschlacht“ nicht als prickelnde Sensation, sondern als Anfang vom Ende betrachteten;
- die Berichte über die Konzentrationslager authentisch und nüchtern geboten wurden und gerade dadurch die Mauer der Gleichgültigkeit durchstießen (etwa bei der Beschreibung von Vergasungsautos oder von Auschwitz);
- die Vorurteile gegen die Juden hart angepackt wurden und der Weg vom Vorurteil zum Rassenwahn bloßgelegt wurde;
- wenn (auch durch Auseinandersetzungen mit jüdischen Mitschülern) die Frage der Wiedergutmachung der Bundesrepublik an Israel angegangen wurde;
- wenn ein oder der andere bisher unbekümmerte, nicht sehr empfindsame zögernd, leicht errötend bekannte, wie erschüttert er durch den Anne-Frank-Film wurde;
- wenn eine Ahnung des Bewußtseins aufkam, einer größeren Gemeinschaft anzugehören, die auch ihre Geschichte hat und auf deren Fundamenten man stehen kann.
Der Chronist mag keine Nörgelei hintenherum, ist aber froh über jeden Brief, der Anregungen gibt, wie mans' besser macht. Also her mit Anregungen! Und, liebe Schüler, die Hauptsache: Das Landheim ist eine Stätte der Gemeinschaft. Der einsame Grosstädter kann da draussen einen Freund, einen Kameraden finden, an dem bisher in München vorbeigegangen ist. In Holzhausen gibt es Füchse (die Hühner unserer Bauern wissen von ihnen zu erzählen, d.h. wenn sie zu erzählen wissen, können sie nicht mehr erzählen). Hoffentlich muss keiner dieser Füchse zu euch so sprechen, wie der Fuchs zum „kleinen Prinzen“ (bei Saint Exupéry): „Die Menschen haben keine Zeit mehr, irgend etwas kennen zu lernen. Sie kaufen sich alles fertig in den Geschäften. Aber da es keine Kaufläden für Freunde gibt, haben die Leute keine Freunde mehr. Wenn du einen Freund willst, so zähme mich!“ Gewinnet Freundchen in Holzhausen und für Holzhausen! Nebenbei gesagt: Wenn ihr gar zu laut „Tor“ brüllt, und am Abend nicht rechtzeitig Nachtruhe haltet, so denkt daran, dass unser Landheim ein keltisches Heiligtum, ein „Kultplatz“, war! Gerade im vergangenen Schuljahr hat Klaus Schwarz (Wir haben ihn draussen graben gesehen) einen Aufsatz darüber veröffentlicht: „Spätlatènezeitliche Vierecksschanzen, keltische Kultplätze“. Unsere Letzte Zwangsmieterin könnt ihr nicht mehr stören, sie am 1. Februar ausgezogen. Auch Frau Schwarz, unsere Wirtschafterin, wird uns am 1. August verlassen. Mit Ausnahme der Monate Januar und Februar war das Landheim fast durchwegs von unseren Schülern bevölkert. Die 1. Klassen und die Schüler der 5. - 9. Klasse waren durchschnittlich 3 Tage, die 2. und 3. Klassen 5 Tage und die 4. Klassen 4 Tage im Landheim. Klassen, bei denen dies nicht stimmt, werden im neuen Schuljahr entschädigt (Dieses Verprechen wird mich noch bitter reuen.). Herr Krick, Herr Eberhard und Herr Dr. Rauch waren in den Ferien mit Schülergruppen in Holzhausen. Schönen Dank! Gastweise waren mehrmals über den Sonntag Gruppen der katholischen Jugend im Heim.
Durch Veranstaltung von Rundenspielen im Freien und in der Halle, durch häufige Zusammenkünfte der Klassensprecher (zehnmal), bei denen auch die Wiederstrebenden aus ihrer Reserve herausgelockt wurden, durch Differenzierung der Hausordnung nach Klassenstufen, durch Vorschläge für die Lesebücherei, für die Ausschmückung unseres Hauses, für die Anbringung von Schaukästen hat uns die Schülermitverwaltung geholfen, in die Anfangs amorph erscheinende Schülermasse einer großen Schule Gestalt zu bringen. Irgendwie soll sich ja jeder Schüler bei uns angesprochen fühlen, der Jazz-Fan wie der Kammermusiker, der streng Gläbige wie der Existentialist; selbst denen, die von Zeit zu Zeit der Bizeps nach randalierendem Halbstarkentum juckt, wird hoffentlich bald im Sportplatz und in der Einrichtung eines eigenen „Tollhauses“ im Landheim eine Freude geboten werden. Eine Reihe von berechtigten Schülerwünschen zur Verbesserung der Hygiene und Schönheit unseres Hauses wird freilich erst nach und nach erfüllt werden können. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Besonders berücksichtigt wird in der Zukunft die bereits vorliegende Kritik der SMV am Landheimbetrieb und an den Fahrten des abgelaufenen Schuljahrs.
Eine schöne Anregung, die gleichfalls noch in die Tat umgesetzt werden muss, sei hiehergestellt, weil ich dazu aller Mithilfe, die der Lehrer, Eltern und Schüler, bedarf. Die Schülermitverwaltung wollte, dass nicht nur die Großen Schi fahren, sondern auch die kleinen ein- zweimal ein paar Tage echte Winterluft atmen sollen. Es wäre doch fein, wenn jeder Rupprechtone an einigen Winterabenden von sich sagen könnte: „Der Schnee hat mir die Wangen gerieben und riß mir die Haut entzwei.“
Günther Eich
Der lebendigen Verbindung zwischen gesundem Körper und Gesundem Geist dient in besonderen Maße eine Einrichtung unserer Schule, die im vergangenen Jahr auf ein 25järiges, segensreiches Wirken zurückblicken konnte: unser Schullandheim in Holzhausen. Auch im abgelaufenen Schuljahr hat es wiederum wesentliche Verbesserungen erfahren. Während es früher mangels geeigneter Heizungsanlage nur in den wärmeren Monaten (Mai bis September) zur Benützung freigegeben werden konnte, hat jetzt der Einbau einer elektrischen Heizung die Möglichkeit geschaffen, auch in den Monaten Oktober, November, Dezember sowie im März und April Schüler klassenweise nach Holzhausen zu entsenden. Außerdem behinderte bisher das im Herbst und im Frühjahr besonders unzuverlässige Wetter häufig den normalen Heimbetrieb, da bei Regen während der unterrichtsfreien Zeit die beschränkten Raumverhältnisse im Haus selbst nur wenig Spielmöglichkeiten boten. Nun wurde durch eine bauliche Veränderung am Südteil des Hauses ein zusätzlicher Raum für Tischtennis-Spiele gewonnen und zugleich eine erweiterte Terrasse geschaffen, die sich ausgezeichnet für Unterrichtszwecke wie Zeichnen, Bastelarbeiten und dergleichen eignet.
Es ist dem Vorstand des Landheimvereins in aufopfender und tatkräftiger Arbeit gelungen, durch zahlreiche bauliche und organisatorische Maßnahmen die Verwendbarkeit des Schullandheimes als Schülerheim beträchtlich zu erhöhen, und dafür sei ihm auch an dieser Stelle herzlich gedankt. Allerdings hat die frühere Einquartierung heimfremder Personengruppen noch deutliche Spuren hinterlassen, auf deren Beseitigung Schulleitung und Vereinsvorstand besonders bedacht sind.