Das Schullandheim Holzhausen wurde im Schuljahr 59/60 von 35 Klassen besucht, deren durchschnittliche Aufenthaltsdauer 3-5 Tage betrug. Das Heim war auch in den Ferien zeitweise von Schülern belegt, die unter Führung zweier Lehrer dort einen Teil ihrer Sommerferien verbrachten. H. Krick und H. Eberhart gebührt hierfür herzlicher Dank. Als Gäste konnte die Landheimverwaltung einige katholische Jugendgruppen begrüßen. Über den Besuch einer englischen Schülerinnengruppe aus Slough berichtet eine Schülerin in ihrer Schülerzeitung (Auszug):

„This summer of us in the Sixth Form were lucky enough to be invited to spend a holiday in Munich. We arrived at last in Munich Hauptbahnhof where we were greeted by Herr Dippe, a member of the staff of the school which had invited us. Ajter taking our luggage to the school we went to a „Gasthaus“ for our first Bavarian (and very welcome) hot meal. The first course was served on a plate with division, rather like anentree dish, and consisted of meat in the large centre division, with potato and the inevitable mixed salad in the other divisions. There was much amusement when we tried to order the meal in our somewhat broken German.After the meal we were taken by coach to the „Schullandheim“ where we were to stay. It turned out to be a converted farmhouse in a small village called „Holzhausen“, which lay right in the heart of the Bavarian countryside, and which was surrounded by fields of corn and thick pine forests, in which wold deer wandered freely. The village consisted of a few farmhouses either side of a rough track, the small Roman Catholic church with its onion-shaoed tower, the onn where we had some of our meals and which was the meeting place of the villagers, and the one and only shop, where anything and everything could be bought. The houses were very gay with their white-washed walls, their frescoes, balconies and window boxes, bulging with brightly coloured flowers. The innkeeper's wife was very sweet and rather plump, and was at first rather overhelmed by her Enghlish guests, but gradually she forgot her shyness, and even gave us all a postcard of the village, after our last meal there. Near Holzhausen was a lake and some of the happiest hours of the holiday were spent in swimming and boating and sun-bathing. The holiday passed very quickly and soon it was time to leave. As we left Holzhausen in the coach for Munich the villagers came out wave us good-bye, and this showed us that had enjoyed having us among them as much as we loved being there. We were sad to leave Munich which had been so hospitable to us and we were all very grateful to Dr. Bohusch who made our visit possible and to other kind friends who helped us to enjoy it so much.“

Mit Hilfe eines Zuschusses des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus und der Elternspende ist es gelungen, den Forderungen der Schulleitung entsprechend, einen größeren Raum einzurichten, in dem die Schüler bei schlechtem Wetter ihrem Spieltrieb nachgehen können, ohne daß dabei Einrichtungsgegenstände gefährdet werden. Gleichzeitig wurde der Grundstock zu einer Schülerlesebücherei gelegt. Eine Reihe von Hilfsmitteln für den Unterricht in der Astronomie, der Landvermessung, der Wetterkunde, der Biologie und eine neue Schultafel wurden angeschafft. Die Einrichtung eines Trockenraumes mit Ölofen hat sich sehr bewährt. - Die vorhandenen Schülerspinde wurden um weitere 12 Kleiderkästen vermehrt, so dass jetzt jeder Schüler bei seinem Landheimaufenthalt über einen eigenen verschließbaren Kleiderspind verfügt.

Allen Förderern, Freunden und Gönnern sei herzlich Dank gesagt. Die Schulleitung dankt Herrn Chelius, dem Vorstand des Landheimvereins in den Jahren 1957-59, seinem Nachfolger Herrn Hölzl und Herrn Dr. Rauch, dem langjährigen und stets bereiten Geschäftsfürer.

a) Das Landheim eine Stätte der Begegung

Daß unsere Diskussion im Schullandheim ein Erfolg wurde, war das Zusammentreffen günstiger Umstände: 1. Dr. Pawlofsky hatte es fertig gebracht, fünf junge Araber, die als Austauschlehrer an unserer Schule tätig sind, freizubekommen. 2. Die Klasse 8d war an diesem Abend ausgesprochen diskussionsfreudig. 3. Dr. Pawlofsky verstand, die „zornigen jungen Männer“ in den Bahnen des jeweiligen Themas zu halten, aber auch lohnende Umwege in Kauf zu nehmen. 
Eine Vielzahl von Problemen wurde aufgeworfen: Warum die Vereinigte Arabische Republik dem Staate Israel die Existenzberechtigung abspricht, während sie selbst eine nationale Politik betreibt? Warum wir Deutschen in Ägypten ein hohes Prestige hätten? Wie denken Sie über Hitler und das nationaldozialistische Regime? Über die an den Juden begangenen Verbrechen? Wie steht es bei Ihnen mit dem Kommunismus? Die Intervention von England und Frankreich in der Suezkrise haben in Ägypten viel böses Blut gemacht. Wie denkt man heute darüber?

b) Was man sonst tat?

(In jedem Tip steckt ein dramatischer Kern) 
Biologische Waldspaziergänge, Wanderungen ins Gleisental, zur Isar, in die Pupplinger Au, nach Schäftlarn, eine Moorwenderung, Ausgrabungen besichtigen, Exkursionen zu den geologischen Orgeln; Lichtbilder zeigen (z. B. über Bienenversuche im Anschluß an den Besuch einer Großimkerei), Schallplatten spielen, Diskussionen (Schüler im Elternhaus, Schüler in der Berufswahl, Todesstrafe, philosophische religiöse und künstlerische Fragen, Kurzgeschichte, Antisemitismus, Smerikanismun, Tagesfragen), Rahmenthemen durcharbeiten (Wie rüsten sich Pflanzen und Tiere für den Winter, Der Herbst in der Dichtung, Erläuterung der astronomischen Instrumente); Konzentrationstage (Barock, Ostzone mit Gästen), Hobbies der Lehrer, Colloquium mit 3 Lehrern, seine Stimme auf Tonband sprechen und an ihr feilen; bunte Abende und Lagerzirkus; geistige und körperliche Wettkämpfe, Erste-Hilfe-Kurse, Kartoffelfeier und Fährten suchen, Geländespiel und Schneeballschlacht, Tischtennis und viel Fußball; das Haus reinigen, Holz in die Holzlege schaffen, einen Baum versetzen, Blumenkästen einwintern, Studierzeit (Latein) halten, sich ärgern, wel es 3 Tage hindurch regnet, weil die Heizung nicht ausreicht, weil man lieber Fleischsalat statt des Rollmopses möchte.

c) Zeitgeschichte - ein Bestseller?

Jede Klasse, die ins Landheim fuhr, erhielt dort zeitgeschichtlichen Unterricht, möglichst in einer dem „Freilicht“ angemessenen Form. Herr Krick hat die konkreten Fragen gestellt: Warum müssen unsere Schüler bis zur 6. Klasse warten, um über Zeitgeschichte informiert zu werden? Können wir es verantworten, daß die Schüler, die uns vor der 6. Klasse verlassen, ohne zeitgeschichtliche Kenntnisse weggehen? Wir haben also „Zeitgeschichte“ auf den Landheimplan der 2. - 6. Klassen gesetzt. Das kann nicht in einer systematischen, das muß in einer dramatischen Form geschehen. Systematik bedeutet für diese Altersstufe ein Versinken in Begriffen wie Staatsform, Demokratie, Diktetur, Rechtsparteien. Die Klärung dieser Begriffe und anderer ebenso wichtiger (NSDAP, Gestapo, SS, totalitärer Staat) geschah daher allmählich. Dramatisch mußte die Darbietung sein, weil

  • viele Schüler meinten, über die Juden usw. bis zum überdruß informiert zu sein,
  • manche Schüler argumentierten: „Warum sollen wir Deutsche dauernd unser Nest beschmutzen. Auch andere Völker haben ihre dunklen Punkte“,
  • der zeitgeschichtliche Unterricht - aufregen muß. Aus den Berichten wurde die Buntheit der Methoden sichtbar, z. B.:
    • Man konnte einen geschichtlichen Längsschnitt geben.
    • Man konnte Langspielplatten interpretieren oder als „Beleg“ nachher bringen.
    • Man konnte ein besonderes Problem herausgreifen, z. B. Judenverfolgung und Judenausrottung im Dritten Reich.
    • Man konnte „Mein Kampf“ zugrunde legen und von hier zur Verzerrung des Menschenbildes vorstoßen.

Entscheidend war, nicht nur die Unwissenheit, sondern die menschliche Teilnahmslosigkeit zu überwinden. Das gelang, wenn

  • die Schüler das unheimliche Wort „Gleichschaltung“ begriffen und ihre Informationen über die Methoden der NSDAP und der SED preisgaben;
  • sie eine „Saalschlacht“ nicht als prickelnde Sensation, sondern als Anfang vom Ende betrachteten;
  • die Berichte über die Konzentrationslager authentisch und nüchtern geboten wurden und gerade dadurch die Mauer der Gleichgültigkeit durchstießen (etwa bei der Beschreibung von Vergasungsautos oder von Auschwitz);
  • die Vorurteile gegen die Juden hart angepackt wurden und der Weg vom Vorurteil zum Rassenwahn bloßgelegt wurde;
  • wenn (auch durch Auseinandersetzungen mit jüdischen Mitschülern) die Frage der Wiedergutmachung der Bundesrepublik an Israel angegangen wurde;
  • wenn ein oder der andere bisher unbekümmerte, nicht sehr empfindsame zögernd, leicht errötend bekannte, wie erschüttert er durch den Anne-Frank-Film wurde;
  • wenn eine Ahnung des Bewußtseins aufkam, einer größeren Gemeinschaft anzugehören, die auch ihre Geschichte hat und auf deren Fundamenten man stehen kann.