Das herausragende Ereignis dieses Landheimjahres war ohne Zweifel der Abschied von Frau Kaltenecker, die aus gesundheitlichen Gründen gezwungen war, im April dieses Jahres die Arbeit in Holzhausen niederzulegen. Seit 1975 führten sie und ihr Mann das Landheim, sorgten sich um Pflege des Hauses, das Herr Kaltenecker zum Einstand gleich einmal weißelte, kochten für die oft unersättlichen Schüler und ertruge, zumeist mit erstaunlicher Geduld, das Treiben von Schülern und Lehrern. Was die Bewirtschaftung eines solchen Hauses für Arbeit machte, war allen Beteiligten klar; jetzt aber, wo wir auf einmal allein,dazu noch von München aus, uns um alles kümmern sollen, ermeßen wir im nachhinein, was Herr und Frau Kaltenecker in all diesen Jahren geleistet haben. Als im Jahre 1982, kurz vor dem 50-jährigen Landheimjubiläum, Herr Kaltenecker starb, schien es, als ob das Heim ohne Wirtschafter bleiben müße. Die Zukunft sah, mitten im Jubiläum, düster aus. Aber dennoch ging es weiter: Frau Kaltenecker nahm, unterstützt von einer tüchtigen und resoluten Bekannten, Frau Kraut, die Sache in die Hand, und so führten die beiden Frauen sechs Jahre lang die Wirtschaft des Hauses. Sind gesunde Lehrer schon einmal froh, nach den anstrengenden Tagen im Landheim wieder nach Hause fahren zu können, so war es um so bemerkenswerter, wie Frau Kaltenecker und Frau Kraut den Trubel hinnahmen. Und wenn man weiß, welche Leiden und Strapazen Frau Kaltenecker hatte ertragen müßen, die als junges Mädchen gegen Ende des zweiten Weltkrieges nach Rußland verschleppt worden war, dann versteht man auch den schlechten Gesundheitszustand dieser tapferen Frau und daß sie, die so gern und so viel arbeitete und die trotz ihres schweren Leidens ein fröhlicher Mensch war, viel zu früh und ganz gegen ihren Willen sich gezwungen sah, ihre Arbeit im Landheim aufzugeben, und es ist wohl nicht übertrieben zu sagen, daß die gewiß nicht leichte und erholsam zu nennende Arbeit im Landheim ihrer Gesundheit nicht gerade förderlich war. So gilt heute all unser Dank ihr und Frau Kraut und wir wünschen ihnen beiden von Herzen viele schöne Jahre bei hoffentlich beßerer Gesundheit.
Aber das Leben im Landheim mußte weitergehen, so lange wenigstens, wie sich, trotz aller Unzul¨nglichkeiten und Unzumutbarkeiten des Hauses, immer noch Lehrer finden, die die Schüler begleiten und ihren pädagogischen Eros nich allein auf die Schulzimmer in der Albrechtstraße beschränkt sehen wollen.Was nun tun ohne Wirschafterin? Aber es ging trotzdem, so wie es mit dem Landheim erstaunlicher- und wunderbarerweise halt bis jetzt irgenwie immer weiter gegangen ist. Die Vorstandschaft des Landheimvereins ging auf Heimelternsuche! Es ist hier nicht der Platz, all die Telefonate, Vorstellungnsgespräche, Landheimbesuche aufzuzählen; es genügt zu sagen, daß viel Arbeit viel Frustration einbrachte. So mußte man sich einstweilen anders behelfen, bis eine Nachfolge für Frau Kaltenecker gefunden war. Neue Erlebnismöglichkeiten, neue Landheimerfahrungen taten sich auf: zum erstenmal seit vielen Jahren waren Schüler und Lehrer ganz allein im Landheim, fast alles mußte selber gemacht werden - und es klappte sogar! Mittag- und Abendeßen werden von einer Firma geliefert, für die Verteilung der Portionen haben Lehrer wie Schüler zu sorgen, das Frühstück muß ganz in eigener Regie hergestellt werden und auch Abwasch, Küchen- und Hausreinigung liegen in den Händen der Hausbewohner. Eine Putzfirma wirkt am Wochenende da fort, wo die Schüler vor der Abreise am Freitag schon andeutungsweise aktiv gewesen sind. Die so gesammelten Erfahrungen waren rundweg positiv: es machte Spaß, in der Küche zu wirtschaften, Getränke zu verkaufen, Tee zu kochen und, falls gewünscht oder erforderlich, auch mal selber einen Nachschlag zu produzieren. Gerade die in Haus- und Wirtschaftsführung nicht sonderlich erfahrenen Schüler mußten nun auf einmal selber zulangen, beim Einkauf im Großmarkt Preisvergleiche anstellen, Rechnungsbücher anlegen, für Sauberkeit in Küche, Gang und Eßraum sorgen und vieles mehr. Ganz wie von selbst arbeiteten Lehrer und Schüler zusammen, aber ganz anders als in der Albrechtstraße, und das oft bemühte Wort vom sozialen Lernen und Leben in der Gruppe wurde unversehens Wirklichkeit. Sonst paßiv und mißmutig vertrödelte Zeit füllte sich mit aktiven Leben, alle wirkten mit, denn alle wollten schließlich ordentlich eßen und auch nicht auf Soßenresten durch die Gänge schliddern. Freilich - für die Lehrer bedeutet das eine Menge Arbeit, Umsicht und Organisationstalent, mehr als früher, aber auch mehr Befriedigung aufgrund der nutzvollen verbrachten Zeit, und es ist nötig zu sagen, daß bei den Schülern unter diesen neuen Umständen verborgene Talente zum Vorschein kamen, was ein erfreulicher Nebeneffekt war.
Inzwischen aber ist in der Tat ein junges Paar gefunden worden, das sich von den Gegebenheiten des Landheims nicht abschrecken ließ; zum Zeitpunkt der Abfaßung dieser Notizen bemüht es sich, die seit 14 Jahren nicht mehr renovierten kleinen Wohnräume der Wirtschafter herzurichten, um eine einigermaßen menschenwürdige Bleibe zu haben. Die Sauberhaltung des Hauses sowie die Zubereitung des Frühstücks gehört künftig zum Aufgabenbereich von Frau Bayerschmidt, die sich auch sonst um das Haus kümmern wird, das ja auf Dauer nicht leer und unbewohnt bleiben darf. Es ist zu hoffen, daß somit wenigstens die Bewirtschaftung des Landheims gesichert ist. Die Notwendigkeit der Innensanierung, von der im Jahresbericht 1986/87 ausführlich berichtet wurde, bleibt davon unberührt.Ob sie gelingen kann, muß die Zukunft erweisen.
W. Grashey
Ein Schuljahr ist vorüber, das auch ein Landheimjahr gewesen ist. Mancher wird sich fragen, wie das alte Haus diese ständigen Belastungen aushält, denn nicht alle Benutzer haben ein wenig Ehrfurcht vor dieser alten Frau, die etwas zart und behutsam behandelt werden will. Abgesehen von den Klaßen 7 und 8, die ja schon eine Woche im Skilager verbringen, - aber auch hier fanden besonders Witzige oder Brave den Weg, sich zusätzlich einen Aufenthalt in Holzhausen zu "genehmigen" - sind in diesem Schuljahr fast alle Klaßen, 16 insgesamt, im Landheim gewesen. Freilich kann das nicht zu einer die festen Kosten deckenden Belegung ausreichen, auch wenn die Gymnasien von Garching und Unterpfaffenhofen-Germering für einige Wochen ihre Unterklaßen nach Holzhausen schicken. Die geringen Klaßenzahlen in der Unterstufe unseres Gymnasiums sind für das Landheim ein ernstes Problem, denn die Erfahrung zeigt immer wieder, daß die „Kleinen"“ am Landheim besonderen Spaß haben, während es da ab der 8. Klaßenstufe schon schwieriger wird: nicht selten wißen die Schüler der Mittelstufe mit ihrer Freizeit in Holzhausen wenig anzufangen, so als ob die heutige "Freizeitgesellschaft" von eben ihrer Freiheit und Freizeit überfordert wäre. Und es wäre gerade für die als "schwierige Landheimkunden" bekannten Mittelklaßler eine lohnende Aufgabe zu erlernen, wie man sinnvoll, sei’s in kleinsten Gruppen oder im Klaßenverband, die „öde, leere Freizeit“ nutzen kann, auch ohne den Komfort der Apparate des Freizeitmarktes. Gezielte Vorbereitung v o r dem Landheimaufenthalt von Seiten der Lehrer und der Schüler könnte hier Impulse und Anregungen für eine erfüllte, alle Seiten befriedigende Landheimwoche geben, denn ständig nur Kartenspiele, Tischtennisturniere oder einsame Walkmanstunden sind nicht Sinn eines Landheimaufenthaltes und steigern nur Unlust und Aggreßionen.
So ist die Lage des Landheimvereins angesichts dieser Belegungs- und Belastungsprobleme nicht als rosig zu bezeichnen. Sicherlich: die Dachstuhlsanierung ist nach vielen Mühen erfolgreich abgeschloßen worden; wie es unter zahllosen Klimmzügen und nervenaufreibenden Aktionen dazu kam, ist den „Notizen“ der Jahresberichte 1983 / 84 und 1984 / 85 zu entnehmen. Auch der Beitrag in der Festschrift zum 75. Schuljubiläum kreiste um dieses Thema. Nun aber stellt sich die schon oft angesprochene Innensanierung als nächste Aufgabe dar: wenn das Haus, das nun endlich in seiner Substanz gesichert ist, attraktiver, komfortabler, gemütlicher und beßer ausgetattet wäre, dann böte es mehr Anreiz und eine echte Alternative zum Schulbetrieb, würde lieber und öfter angenommen, und die Probleme mit der Belegung und der sinnvollen Gestaltung des Landheimaufenthaltes lösten sich von selbst.
Auf seiner letzen Mitgliederversammlung hat der Landheimverein beschloßen, Sanierung und Modernisierung des Inneren in Angriff zu nehmen! Daß hier nun weit höhere Kosten zu erwarten sind, als die DM 100.000,-, die die Dachstuhlsanierung verschlang, ist uns allen klar. Und dennoch wagen wir es, wir haben auch keine andere Wahl. Mut hat uns für dieses gigantische Vorhaben (gigantisch deswegen, weil der Landheimverein schon mit der Bezahlung der laufenden Kosten ins Schleudern kommt) das Staatsministerium für Unterricht und Kultus gemacht, das uns mit Rat (Aufstellen eines Finanzierungsplans, nützliche Adreßen) und Tat (finanzielle Unterstützung) zur Seite stehen will. Aber auch Stadt, Landkreis, Bezirkstag und Landeßtiftung dürfen nicht damit rechnen, von unseren Anträgen verschont zu bleiben. Und nicht zuletzt wird bei dieser Aufgabe, die das Landheim für die nächsten 25 Jahre fit machen soll, auch die Schule selbst gefordert, Eltern, Lehrer und Schüler in schöner Einracht: die Möglichkeiten für Eigenleistungen erstrecken sich vom Abschlagen des bröckelnden Putzes am Altbau über das Herausreißen der Bretterböden in den Schlafräumen bis hin zum Austausch von Fenster- und Türstöcken. Und auch das sind nur wenige Punkte auf der großen Liste der Aufgaben, nach derem glücklichen Ende - falls wir alle so lange leben sollten! - das alte, denkmalgeschützte Haus wieder „bewohnbar“ sein wird. Noch vor diesen Sommerferien werden Fachleute das Haus in Augenschein nehmen, die erforderlichen Maßnahmen mit uns besprechen und ihre Kostenvoranschläge präsentieren. Es ist gut möglich, daß am „Tag der offenen Tür“ im Herbst 1987 den dann hoffentlich zahlreichen Besuchern bereits gezeigt werden kann, wo wir zusammen, Eltern, Lehrer und Schüler Leistungen erbringen können im größten Workshop des RG! Sicher macht es gerade den Schülern Spaß, ganz legal das Landheim zu „demolieren“, um es dann, wenn möglich, unter ihren eigenen Händen wieder erblühen zu sehen. Aktiv genutzte Freizeit und Bindung ans gemeinsam vollbrachte Werk - es wäre zu schön, wenn das nicht nur nur bloße Worte blieben!
W. Grashey
Auch in diesem Jahresbericht soll die nun schon zur Tradition gewordene Berichterstattung aus und um das Schullandheim fortgesetzt werden, um all denen, die dem Rupprecht-Gymnasium und seiner Holzhausener Filiale nahe stehen, „Glanz und Elend“ zu beginnen, (denn es fragt sich, ob wir jemals das Landheim in solchem Glanz außen und innen erstrahlen sehen werden, wie wir uns das immer wünschen!): Noch immer ist die so wichtige Dachsanierung nicht ganz abgeschloßen. Ende des vergangenen Sommers konnte, wie im leztzen Jahresbericht ausführlich dargestellt, der 1. Bauabschnitt abgeschloßen und die Rechnungßumme von DM 27.000, - sogar bezahlt werden, wobei das Bayrische Staatsministerium für Unterricht und Kultus, das Bayrische Landesamt für Denkmalpflege, der Elternbeirat und die Studiengenoßenschaft „Rupprechtia“ bedeutende Mittel zur Verfügung. All diesen Geldgebern soll auch an dieser Stelle noch einmal gedankt werden!
Die Eigenleistung des Landheimvereins bestand darin, die von der ausführenden Firma mit DM 3000,- angesetzte Entrümplung und Reinigung des Dachbodens in eigener Regie durchzuführen. In einer gigantischen Wochenendaktion, die alle Beteiligten im Schutt und Staub der Jahrgunderte oftmals fast verschwinden ließ und hohe Anforderungen an Muskelkraft und Widerstandsfähigkeit der Lungen stellte, wurde der Speicher vollständig entrümpelt, entschuttet und den Anfang August 1984 anrückenden Handwerkern besenrein hinterlaßen. Anderslautenden Gerüchten zum Trotz wurden bei dieser Rammadamma-Aktion weder archäologisch bedeutsame Funde gemacht oder Schätze gefunden, noch bestätigte sich das zähe Gerede, auf dem Dachboden des Landheims läge, gut versteckt, explosives Material aus den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges! Das Schönste an dieser unvorstellbaren Dreckaktion war, neben der gemeinschaftlichen Arbeitsverbundenheit, das Zusammenwirken von Schülern (auch Ehemaligen), Lehrern und Mitgliedern des Elternbeirats und Lanheimvereins. Hier hat sich wieder einmal gezeigt, daß die Landheimidee aus Idealisten auch Aktivisten machen kann.
Die Aufstellung des Finanzierungsplanes für den weit größeren 2. Bauabschnitt, der sich auf DM 55000,- beläuft, war dann eine harte Nuß, an der sich der Landheimverein, wäre er allein gelaßen worden, wohl die eigenen Zähne ausgebißen hätte. Aber hier kam wieder Hilfe von der Schulleitung: Dank der diskreten, aber äußerst wirksamen Arbeit von Herrn Studiendirektor Waldinger kam finanziellle Unterstützung von behördlichen Einrichtungen. Und daß auch die Studiengenoßenschaft „Rupprechtia“ und der Elternbeirat in immer wieder übnerwältigender Weise ihren stattlichen Beitrag zum Gelingen des Werkes beigesteuert hatten, bedarf schon fast keiner Erwähnung. All diesen vielen unermüdlichen Helfern gilt unser besonderer Dank. So ist zu hoffen, daß in der Zeit der Sommerferien die Arbeiten am Dachstuhl zur Durchführung gelangen und sich zu Schuljahresbeginn das Haus neu „behütet“ den Unbillen des oberbayerischen Wetters stellen kann, für den Rest dieses Jahrhunderts und darüber hinaus.
Im Inneren hat sich aufgrund der Dachstuhlsanierung nichts Wesentliches ändern können, abgesehen von den Schlafräumen und den Schlafrämen und dem Eßraum, die neu getüncht wurden. Auch die alten Metall- und Holzbretter waren nun doch einmal so zerrüttet, daß sie durch stabile und zweckmäßige Betten ersetzt wurden, die wir aus Bundeswehrbeständen ankaufen konnten. Zierlich-zerbrechliches Mobiliar ist nicht lanheimtauglich: auch die so robust wirkenden Tische und Stühle des Eßraums zeigen allmählich Verfallserscheinungen, was bei der ständigen Belegung durch die Klaßen des Rupprecht-Gymnasiums und der Gastschulen aus Unterpfaffenhofen/Germering, Garching und Haar nicht verwunderlich ist. So muß eine langsame und behutsame Erneuerung des Inneren, ganz besonders auch der sanitären Anlagen, demnächst in Angriff genommen werden. Und dennoch - gerade auch die ehemaligen Schüler vergeßen das Lanheim nicht, mit dem sie viele Erinnerungen verbinden; das zeigt sich an Klaßentreffen der Ehemaligen ebenso wie an den Sommerfesten der „Rupprechtia“. Und damit allen Gelegenheiten geboten wird, wieder einmal nach Hozhausen zu kommen, um sich an Ort und Stelle vom Geleisteten und noch zu Leistenden zu überzeugen, weisen wir schon jetzt auf das „Herbstfest im Lanheim“ hin, das am 12. Oktober 1985 stattfindet und zu dem noch gesondert Einladung ergeht.
W. Grashey
Nachdem im Oktober 1982 die 50 Jahr-Feier des Landheims eine beträchtliche Menge von Schülern, Lehrern, Eltern, Ehemaligen und Vertretern der Politik aus Freistaat und Gemeinde nach Holzhausen gezogen hatte, wo ein rundherum schönes und glückliches Fest gefeiert wurde, das uns allen in lebhafter Erinnerung bleiben wird, - nachdem die Festglocken schwiegen, die roten Teppiche eingerollt und die Girlanden abgenommen wurden, schien das alte Haus in seinen gewohnten Trott zu verfallen. Wöchentlicher Wechsel von Schülern des Rupprecht-Gymnasiums und der Gastschulen aus Garching, Unterschleißheim und Pfaffenhofen / Germering ließ die Wirtschafterin, Frau Kaltenecker und ihre Hilfe, Frau Resl, kaum zur Ruhe kommen. In diesem Schuljahr ist es gelungen, jede Klaße unseres Gymnasiums eine Woche in Holzhhausen verbringen zu laßen, was den begleitenden Lehrern zu verdanken ist; denn es ist ja bekannt, daß eine Woche im Landheim für den Lehrer kein Honiglecken ist. Hier herrscht Dienst rund um die Uhr, und manch ein Lehrer wird erleichtert aufgeseufzt haben, wenn er am Freitagmittag mit all seinen Schäfchen wohlbehalten den Bus zurück in die Zivilisation besteigen konnte. Aber wieviel mehr zählen da all die Erlebniße, die Schüler und Lehrer zusammengebracht haben, bei nächtlichen Regenwanderungen in einem unheimlichen Wald, bei ruhigen Vorlesestunden, bei gemeinsamen Spiel- und Wandertagen. Richtig angepackt kann ein Landheimaufenthalt vielleicht mehr „bringen“ als manche Schul- und Sprechstunde. Die „Sprechzeit“ im Landheim ist unbegrenzt.
Unbemerkt von diesen „normalen“ Aktivitäten mußte der Kampf um die Erhaltung des Hauses weitergehen, und der Landheimverein mit all seinen rüstigen Mitgliedern legte die Hände nicht in den Schoß. Bekanntlich muß der gesamte Dachstuhl saniert werden, und so warf sich der Landheimverein, schweren Herzens, da die Innenaußtattung des Hauses keineswegs optimal ist, zuerst einmal auf die Rettung der Außenhaut. Eine uns vom Landesamt für Denkmalpflege empfohlene Firma erstellte einen Kostenvoranschlag in Höhe von DM 106.000,-! Wer die Kaßenlage des Landheimvereins kennt - die Einnahmen durch die Schülerbelegung werden allzuschnell durch die fixen Kosten aufgezehrt - kann sich unser bleiches Entsetzen vorstellen. Zwar hat der fünfköpfige Vorstand des Landheimvereins eine private Tippgemeinschaft gegründet, in die wir alle regelmäßig nicht unbeträchtliche Beträge einzahlen, aber die so ersehnten Millionengewinne fielen immer anderen zu. Wir gaben die Hoffnung nicht auf: dank bedeutender Eigenleistungen, die von den engagierten Mitgliedern des Landheimvereins in ihrer Freizeit erbracht werden, konnten wir die Summe herunterdrücken und außerdem mit der Firma die Abwicklung der Arbeiten in zwei Bauabschnitte abmachen. Somit beginnt der erste Teil der Dachstuhlsanierung Ende Juli, in der Zeit der Sommerferien. die Kosten für diesen ersten Abschnitt betragen freilich immer noch ca. DM 30.000,-, im Grunde eine geringe Summe angesichts anderer Ausgaben der Öffentlichen Hand.
Da der Verein über keinerlei Mittel verfügt, erwies sich diese „Hand“ auf unsere vereinten, hartnäckigen Bitten hin als eine durchaus freigiebige: Das Landesamt für Denkmalpflege (der Altbau des Landheims steht ja bekanntlich unter Denkmalschutz), das Staatsministerium für Unterricht und Kultus, der Landkreis München sowie die Bayerische Landeßtiftung haben Hilfe zugesagt und sie auch teilweise schon geleistet; die Finanzierung der ersten Maßnahmen ist gesichert. Nur der in Landheimdingen Erfahrene weiß, welche Arbeit hinter diesem ersten Teilerfolg steckt. Und ohne Hilfe von allen Seiten wäre diese Aufgabe nicht zu bewältigen gewesen. Die Schulleitung des Rupprecht-Gymnasiums ließ uns nicht im Stich: Herr Studiendirektor Waldinger öffnete in zäher, beharrlicher Arbeit alle erfolgversprechenden Türen und sorgte hinter den Kulißen dafür, daß die zahlreichen Anträge und Gesuche des Landheimvereins auf den Schreibtisch des entscheidenden Mannes gelangten. Die Studiengenoßenschaft „Rupprechtia“ gehört seit Jahren zu den treusten und aktivsten Förderern des Landheims. Sie überwies dem Verein einen Scheck in der noch nie dagewesenen Höhe von DM 2.600,-. Und der Elternbeirat unseres Gymnasiums wurde nicht müde, das Landheim zu unterstützen, wann und wo immer es auch brannte. Und da es sich beim Landheim, um im Bilde zu bleiben, um einen nie erlöschenden, ausgedehnten Flächenbrand handelt, sind wir auf jede Förderspritze dringend angewiesen. Dank all den tatkräftigen „Feuerwehrleuten“, die ein wohltuendes Naß in die trockenen Kaßen des Landheimvereins schicken!
So steht neben dem Dank an alle, die uns immer wieder unterstützt haben, auch weiterhin die Bitte: helfen Sie alle mit, das Landheim am Leben zu erhalten - durch Geldspenden (Postscheckkonto München 239 19-806), durch aktive Mitarbeit bei all den zahlreichen Tätigkeiten draußen in Holzhausen selbst und durch Bereitstellung von praktischer und ideeller Hilfeleistung! Wenn alle, die diesen Bericht lesen, mit dem „Landheimverein am Rupprecht-Gymnasium München e.V.“, Albrechtstr. 7, 8000 München 19 Kontakt aufnehmen, dann wird es uns gelingen, auch den zweiten Bauabschnitt erfolgreich abzuschließen.
Das Schullandheim wird 50 Jahre alt
Am 12. Juli 1932, vor nunmehr also genau 50 Jahren, schrieben die „Münchner Neueste Nachrichten“: „Noch nie hat Holzhausen, das uralte, zwischen prächtigen Wäldern und satten Hügelwiesen idyllisch gebettete Kirchdorf so viele Menschen auf einmal gesehen, als am Tag der Schullandheim-Eröffnung der Rupprecht Oberrealschule. Mit Trommelwirbel und Marschgesang hielten unter Führung ihrer Klaßleiter sämtliche Schüler der Anstalt - rund 900 an der Zahl - festlichen Einzug in das fahnengeschmückte saubere Dörfchen.“ Mit einem Extrazug war an diesem Julitag die gesamte Belegschaft des Hauses an der Albrechtstraße nach Deisenhofen gefahren, um von dort nach Holzhausen zu ziehen, wo „nach Hißen der bayer. Fahne, Singen des Deutschlandliedes, unter Trommelwirbel, Böllerschüßen und Glockenklang“ das Heim seiner Bestimmung übergeben wurde. Zwei Schülerabteilungen, so fährt die „MNN“ in ihrem Bericht fort, zeigten auf der Wiese „wunderbar exakte, schneidige Freiübungen“, Glückwunschschreiben wurden verlesen, wobei dem von SKH Kronprinz von Bayern, deßen Name die Schule trägt, besondere Aufmerksamkeit und Verehrung zuteil wurde. Oberstudiendirektor Dr. Wührer wies in seiner Eröffnungsansprache auf die „alte Geschichte“ hin, „die noch der Erforschung harrt“; denn das Haus sei in eine Römerschanze hineingebaut.
Es ist recht intereßant zu beleuchten, was es mit dieser angeblichen Römerschanze auf sich hat. Erst zu Beginn dieses Jahrhunderts stetzte sich die Ansicht durch, daß es sich bei allen Bauten dieser Art um eine „Einfriedung spätkeltischer Gutshöfe.“ Aber die Forschung blieb bei dieser Theorie nicht stehen: 1931 sprach F. Drexel, Direktor der Römisch-Germanischen Kommißion, die Viereckschanzen, so wie sie in Holzhausen zu Beobachten sind - als Schanze 1 wird unsere Landheimschanze bezeichnet, die den jetzigen Ballplatz umschließt, Schanze 2 liegt 100 m östlich des Landheims jenseits der Eulenschwanger Straße - zum erstenmal als „Stätten kultischer Handlung“ an. So ergaben sich nun mehrere Deutungsmöglichkeiten: stellten die überall im süddeutschen Raum anzutreffenden Viereckschanzen einfache Gutshöfe dar, waren sie Viehpferche, Befestigungen oder in der Tat Plätze „kultischer Handlungen“?
Es vergingen noch einmal 20 Jahre, bis 1950 topografische Vermeßungspläne im Maßstab 1:1000 von allen bayerischen „Schanzen“ vorlagen. Ungeachtet ihrer Lage weisen sie alle das selbe Bauschema auf: sie sind viereckig, ein Wall ist von einem Außengraben umgeben, ein Tor öffnet sich in der Mitte, das aber nie nach Norden zeigt; die Höhendifferenz Grabensohle-Wallkrone beträgt ca. 5 m, womit diese spätkeltischen Anlagen also kein ernstzunehmendes Hindernis darstellten; zudem konnten sie oft von nahegelegenen Höhen voll eingesehen werden, was auch bei den holzhausener Schanzen der Fall ist; die Wehrtheorie scheidet also aus.
Die Erkenntnis, daß bei der Orientierung der Tore dieser Schanzen bestimmte Himmelsrichtungen bevorzugt wurden, nie aber der Norden, deckte sich überraschenderweise mit der Tatsache, daß sich der Eingang der gallo-römischen quadratischen Umgangstempel in Richtungen öffnete, nach denen auch die Tore aller spätkeltischen Viereckßchanzen wiesen. Somit schien der Beweis erbracht, daß der Platz einst heiliger Bezirk war! Zudem machten Grabungen unter Wall und Graben Spuren einer Vorgängeranlage sichtbar, was als Beweis für die Kontinuität einer solchen kultischen Anlage gewertet wurde.
Es würde im Rahmen dieser kurz gefaßten Übersicht zu weit führen, die Etappen der wißenschaftlichen Untersuchungen genau zu beschreiben, die in den Jahren 1957-1962 das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege in Holzhausen an der Schanze 2 vornehmen ließ. Wichtig bleibt jedoch die Feststellung, daß durch diese Tätigkeit der Archäologen der Name unseres Landheimdorfes in der wißenschaftlichen Welt ein Begriff geworden ist.
Im Verlauf dieser Außgrabungen stieß man auf einen 18 m tiefen Schacht, später wurden noch drei 6,5 m tiefe Schächte freigelegt. Sie alle dienten nicht als Brunnen oder Zisternen; ihre Anlage blieb rätselhaft, bis man in einem der 6,5 m tiefen Schächte in der Tiefe von 4 m Spuren eines 2 m langen Holzpfahls fand, der bis zu seiner ursprünglichen Hälfte im Grund der Tiefe verfestigt war, während die obere Hälfte frei im Schacht nach oben ragte.
Im Laufe der Zeit wurde auch sie allmählich zugeschüttet. Genaue chemische Analysen ergaben nun, daß Blut und Organe in den Schacht rund um den Holzpfahl eingefüllt worden waren. Es ist aus keltischen Sagen und Märchen bekannt, daß gerade die Götter des chtonischen Bereichs bei den Kelten große Verehrung genoßen; wir wißen von der Verehrung geheimnisvoller Brunnennymphen und Höhlengottheiten. Auch die griechische Frühzeit kennt ähnliche Gebräuche, wenn zur Versöhnung der „Unteren“ in Gruben und Höhlen Totenopfer vollzogen wurden, wie es Homers Bericht von Odyßeus' Totenbefragung zeigt. In Frankreich wurde in einem ähnlichen Schacht einer Viereckschanze anstelle einer Holzpfahles die Statue einer weiblichen Gottheit aufgefunden. So liegt die Vermutung nahe, daß auch der Holzhausener Pfahl Symbol für eine Götterfigur war, der Tier-, vielleicht auch Menschenopfer gebracht wurden.
Dieser Ausflug in die Frühgeschichichte mag zeigen, auf welch geschichtsträchtigem Boden unser Landheim steht. Das Haus selber aber vermag auch einiges zu erzählen: die frühest erwähnten Besitzer sind die „Hofer von Rattenberg an Inn“ um 1500 gewesen. 1612 erwirbt den damals „Niderhof“ genannten Sitz Dr. Cosmas Fagh, Kanzler zu Burghausen, 1698 wird es von Christoph Mayr, kurfürstl. „Hofpapierer“ in der Au bei München angekauft. Sein Sohn, der diesen einzigen Steinbau des ganzen Dorfes Holzhausen 1718 erbte, baute ihn nun zum „Schlößl“ um, wie unser Landheim früher genannt wurde. Als 1816 die Mayr außterben, wechseln die Besitzer sehr oft. 1878 verkaufte eine Freifrau Berta von Temple das Haus an Friedrich Eha von Schönberg/Württenberg, der das Schlößl wieder in ein Bauernhaus umwandelte und nach Westen zu vergrößerte. Am 28.9.1931 konnte dann der zu diesem Zweck 1930 gegründete Landheimverein, der durch Sammlungen und Spendenaktionenvon den Eltern der Schüler der damaligen Rupprecht-Oberrealschule 6000 Reichsmark zusammengebracht hatte, den Kauf von Haus und Grundstück für 8000 Reichsmark notariell verbriefen laßen. Freilich mußte das ehemalige Bauernhaus nun seinem neuen Zweck entsprechend umgebaut werden: aus dem alten Stall wurde sinnigerweise der Waschraum, neue Kamine wurden gebaut sowie das Dach erneuert; die Inneneinrichtung wurde „durch die liebevolle und aufopfernde Arbeit der Schülermütter beschafft, die in wochenlangen Arbeiten die Wäscheaußteuer des Heimes unentgeltlich schufen“. Also auch damals schon konnte das Landheim nur bestehen, weil sich viele freiwillige und engagierte Hände bereitfanden, an diesem Werk mitzuarbeiten. Man muß sich nur fragen,warum heute eine derartige Initiative so schwer zu realisieren ist! Als im Oktober 1934 im 1. Stock des Südflügels mit dem Ausbau der Schlafräume, des Lehrsaals und des Lehrerzimmers begonnen wurde, lesen wir im Jahresbericht 1936 zur 25-Jahr-Feier der Rupprecht-Oberrealschule München: „Leider versiegten die Mittel zur Vollendung des Hauses. Nur im Rohbau steht leider ein Teil da. Wenn jedoch der Opfersinn der Eltern, wie wir zuversichtlich hoffen, nicht erlahmt, dann dürfte in absehbarer Zeit das Endziel doch zu erreichen sein.“
Auch und gerade 1982 hat dieser Seufzer nichts von seiner Gültigkeit eingebüßt. Angesichts der ständigen Belegung des Landheims durch Klaßen unserer und anderer Schulen ist das Haus eigentlich immer „im Rohbau“ stehengeblieben, ständig muß, (als Realist und Kenner der Verhältniße in der Kaße des Landheimvereins ist man freilich genötigt zu sagen : „müßte“) repariert und verbeßert werden . Wir wollen ja nicht die kultischen Gebräuche der alten Kelten wieder einführen und mit Blutopfern die Götter der Tiefe milde stimmen; reichliche Geldspenden z.B. würden es ja auch schon tun und die Neugestaltung der Schlafräume erleichtern. Hier ist der Studiengenoßenschaft „Rupprechtia“ herzlich zu danken, die in diesem Jahr dem Landheimverein den hohen Betrag von DM 2000,- zur Verfügung stellte. Das zeigt, wie sehr sich auch die ehemaligen Schüler des Rupprecht-Gymnasiums für ihr altes Schullandheim einsetzen, mit dem sie gewiß eine Fülle von Erinnerungen verbinden. Für dieses große Engagement, das nun schon viele Jahre währt, sei der „Rupprechtia“ herzlicher Dank ausgesprochen. Gleichzeitig seien alle, denen das Fortbestehen des Landheims am Herzen liegt, aufgerufen, Landheimverein, Schulleitung und Elternbeirat in ihrem Bemühungen mit hilfreicher Tat zur Seite zu stehen!
W. Grashey